Meine geliebte Martha | WritingFriday

Es war bereits später Nachmittag, als Ferdinand Friedrich sich ein ruhigeres Plätzchen suchte. Trotz seines virtuellen Zustandes, in dem er sich auf der Buchmesse in Frankfurt befand, war so ein Messebesuch mehr als anstrengend. Alle Eindrücke und Empfindungen spiegeln sich psychisch auf den eigenen Körper wieder. Selbst wenn dieser in einer Schlafkammer am anderen Ende der Welt lag, das Gehirn verarbeitete die Erlebnisse als real existent.

Demnach ächzte Ferdinand beim Hinsetzen genauso, wie er es auch in seinem realen Leben tun würde. Aber nichts in der Welt hätte ihn davon abhalten können heute diese Messe zu besuchen. Als Buchhändler, der sich mit Leib und Seele seinem Beruf verschrieben hat, gab es für ihn nichts Schöneres, als all diese Bücher und lesefreudigen Menschen an einem Ort zu sehen. Zu seinem Leidwesen war es ihm diesmal nicht vergönnt, persönlich vor Ort zu sein. Aufgrund seiner Arbeit verschlägt es ihn öfter in die verschiedensten Länder und Städte. Aktuell war er gerade in Buenos Aires.

Er seufzt wehmütig, als er den Blick über die Gesichter der vorbeilaufenden Menschen gleiten lässt. Manche von ihnen wirkten glücklich, sie lachten und freuten sich über ein neu erworbenes Buch. Wieder andere sahen erschöpft und abgekämpft aus. Kein Wunder, war man bei einer Messe doch den ganzen Tag auf den Beinen.

Sein Hologramm-Körper sah genauso aus, wie Ferdinand in Wirklichkeit aussah. Klein und etwas stämmig. Der Schnurrbart perfekt gestutzt und die kreisrunde Brille immer ein Stück zu weit vorn auf der runden Nase.

Die Abbildung des echten Körpers als Hologramm war im Jahr 2034 eine bahnbrechende Neuerung gewesen. In den letzten zwei Jahren hatte es die Forschung zusätzlich geschafft, dass Hologramme physisch auf Dinge einwirken konnten. Somit konnte er nicht mehr nur Gespräche führen, sondern auch Verträge abschließen, telefonieren oder wie jetzt, seiner geliebten Martha eine Postkarte schreiben.

Tatsächlich überraschte es ihn immer wieder, dass diese doch so veraltete Kommunikation per Post noch gelebt wurde. Die Menschen waren in vielerlei Hinsicht eben sehr nostalgisch veranlagt.

Er tippte mit dem Stift gegen seine Schläfe und ließ die Gedanken schweifen. Wirklich Neues hatte er nicht zu berichten, sahen sie sich doch jeden Abend als Hologramm, wenn er auf Reisen war. Aber Martha liebte diese handschriftlich verfassten Nachrichten.

»Sie sind umso vieles Persönlicher«, meinte sie immer und strahlte ihn voller Liebe an. Hach, er liebte ihr Lächeln, schon allein dafür lohnte sich die Mühe. Er zögerte kurz, dann begann er zu schreiben.

Postkarte

In Ruhe las er die geschriebenen Zeilen erneut durch, bevor er sich erhob und in Richtung eines der Kommunikationsmodule steuerte. Trotz der altmodischen Nachricht erreichte die Post die Adressaten inzwischen innerhalb weniger Minuten. Martha würde die Nachricht gelesen haben, bevor sie sich heute Abend sahen.

Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, was den Schnurrbart lustig zucken ließ. Allein die Vorstellung, wie sehr Martha sich über diese Postkarte freuen würde, ließ ihn ein tiefes Glück verspüren.

Ein Piepsen riss ihn aus den Gedanken. Er richtete den Blick auf das Innere seiner Interfacebrille, die mittlerweile zu seinem zweiten Kopf geworden war, dort leuchtete in grüner digitaler Schrift eine Information auf.

»Mist«, fluchte er laut und eilte los. Um ein Haar hätte er den nächsten Termin verpasst.

Zeilentrenner

Der Besuch auf der Buchmesse im Jahre 2073 ist bei mir doch recht futuristisch ausgefallen. Aber wer es noch nicht weiß, ich mag Science Fiction. Von daher konnte ich es nicht verhindern, ein wenig die Fantasie spielen zu lassen. Das Thema „Ferdinand Friedrich läuft im Jahr 2073 über die Frankfurter Buchmesse und schreibt von dort seiner Frau Martha eine Postkarte“ hat mir ziemlichen Spaß gemacht und ich hoffe, euch hat die Geschichte gefallen.

Der #WritingFriday ist eine Aktion von Elizzy, readbooksandfallinlove. Schaut vorbei und macht mit. ❤

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Lady Smartypants
readbooksandfallinlove
Buchperlenblog
Ida´s Bookshelf
Zeilenwanderer

Signum


11 Gedanken zu “Meine geliebte Martha | WritingFriday

  1. Liebe Ella, was für ein abgespaceter Text!
    Die Technologien, die du beschreibst, sind wirklich spannend und ich hoffe, dass es Ähnliches bald geben wird! Zur gleichen Zeit an zwei Orten zu sein, hätte schon Vorteilen! Besonders wenn man an einen Urlaub denkt! Zack, biste auf den Malediven. Da hätte ich nichts gegen 😄😄
    Liebe Grüße,
    Janika

    Gefällt 2 Personen

    1. Hey Janika :-)

      ja, so zu reisen wäre wirklich cool, oder? Ich bin echt gespannt was uns in diesem Punkt alles noch erwarten wird und wieweit ich das noch mitbekommen werde. :-D

      Liebe Grüße
      Ella <3

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  2. Liebe Ella,
    deine Umsetzung dieser Aufgabe ist dir so unfassbar gut gelungen! Ich musste regelrecht über den liebenswürdigen Ferdinand schmunzeln und habe die Veränderungen der Welt bestaunt. Der Part mit den lästigen Drohnen ist mir besonders nachhaltig im Gedächtnis geblieben, weil ich erst ‚The Circle‘ ausgelesen habe und es doch sehr verstörend ist, in seiner Privatsphäre so beeinträchtigt zu werden.
    Ganz liebe Grüße und ein schönes Wochenende! <3
    Ida

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    1. Hey Ida,

      vielen lieben Dank! :-) Freut mich wenn die Ferdinand begeistern konnte! :-D Ich musste tatsächlich erstmal „The Circle“ googeln, weil mir das Buch gar nichts sagte. Aber es klingt mega gruselig. Schlimm ist nur, dass so etwas durchaus mal Realität werden könnte, wer weiß …

      Einen schönen Sonntag dir.
      Liebste Grüße
      Ella <3

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    1. Hey Elizzy,

      aaww, wie lieb, danke dir!!! <3 :-D Es freut mich das ich dich damit so begeistern konnte. Falls es irgendwann so weit sein sollte, gebe ich dir Bescheid. ;-P Hehe!

      Liebste Grüße
      Ella <3

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  3. Liebe Ella!
    Was für eine tolle Geschichte! Ich muss gestehen, dass ich anfangs dachte, du hast die Autoliebesbotschaft geschrieben 😄 Irgendwie hatte sich das mit dem Namen so gut verbunden 😅 aber dein Ausblick in die Zukunft gefällt mir gut, auch wenn ich eher altmodisch eingestellt bin und gar nich so viel neuen Schnickschnack in Zukunft erhoffe 😊

    Liebe Grüße!
    Gabriela

    PS: dein neues Headerbild ist echt klasse!

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    1. Liebe Gabriela,

      erstmal vielen lieben Dank, auch dafür das du meinen neuen Header bemerkt hast. ^^ Das freut mich sehr!

      Ich bin ehrlich, ich mag zwar Science Fiction, aber real betrachtet muss es nicht so schnell so abgespaced werden. Irgendwie ist es auch gruselig, falls das alles mal wirklich so kommen sollte. Ich bin gespannt, wie sich die Welt in den nächsten Jahren entwickeln wird. :-)

      Alles Liebe
      Ella <3

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