Hallo, Susi! – #WritingFriday

Irgendetwas kitzelte mich am Fuß. Ich brummte ungehalten und drehte mich auf die andere Seite. Nicht jetzt! Nicht heute! Es ist Samstag und ich werde bestimmt nicht vor 11 Uhr mein Bett verlassen. Ich kniff die Augen fester zu und versuchte möglichst ruhig und gleichmäßig zu atmen, um bloß keine verräterischen Signale auszusenden.

Wieder kitzelte mich etwas. Diesmal an meiner Schulter, dann wurde mir mit einem Schlag die Luft aus dem Körper gepresst, als vier Pfoten auf meinen Rücken sprangen.

Ich keuchte. Mit einem Ruck setzte ich mich im Bett auf und ein braun getigerter Schatten flitzte aus dem Zimmer.

„Molly! Du kleines Miststück!“, fluchte ich und mein Blick glitt zu dem Wecker auf meinem Nachttisch. 06:30 Uhr. Ich stöhnte und drückte mein Gesicht zurück in die Kissen. Aber an Schlaf war nicht mehr zu denken. Zum einen, würde diese Katze jeden Moment wieder hier auftauchen und solange nerven, bis ich mich erbarmte, ihr endlich etwas zu fressen zu geben und zum anderen überschwemmte mich bereits die Aufregung. Heute war ein besonderer Tag. Mein Geburtstag.

***

„Endlich 18! Na, wie fühlt sich das an?“, fragte Mum und schenkte mir ein strahlendes Lächeln. Nervös wischte sie ihre Finger an ihrer Kochschürze ab. Es war wirklich verrückt, aber meine Mum war schon immer aufgeregter, als wir alle zusammen, wenn ein besonderes Ereignis anstand. Sie war dann wie ein kleines Kind zu Weihnachten. Rote Wangen, glänzende Augen und wuselig. Das war richtig ansteckend.

„So wie immer eigentlich.“ Ich grinste, wusste ich doch, dass es sie verrückt machte, wenn ich nicht zugab, dass ich auch aufgeregt war.

„Bist du denn gar nicht nervös?“ Hah, ich wusste das diese Frage kommen würde.

„Nö.“

„Nicht einmal ein ganz kleines bisschen?“

„Na, vielleicht ein Müh“, gab ich schließlich nach. Sie lächelte und verschwand in der Küche.

***

„Geschenke, Geschenke“, trällerte Paps und winkte uns alle ins Wohnzimmer. Jetzt war es soweit. Wie immer hatten meine Eltern sich beinahe überschlagen und ein riesen Geheimnis aus allem gemacht. Aber um ehrlich zu sein, liebte ich genau das. Mein Geburtstagskuchen bestand wie jedes Jahr aus einem Erdbeerkuchen mit Puddingfüllung. Auf dem Tisch stand ein riesiger bunter Blumenstrauß und daneben lagen die Päckchen. Jedes Einzelne individuell verpackt. Das war typisch Mum.

„Na los, pack aus“, forderte sie mich auf und setzte sich neben meinen Bruder, der mit den Füßen nach oben, schräg auf der Couch lümmelte.

Ich wandte mich meinem Geburtstagstisch zu und überlegte was ich zuerst nehmen sollte. Die Geschenke sahen alle so toll aus. Also entschied ich mich für etwas ganze Kleines. Eine Tüte mit Blumen darauf, gerade mal so groß, wie meine Hand. Darin steckten verschiedene Gesichtsmasken zur Entspannung und noch etwas anderes. Ein Schlüssel. Eine Weile starrte ich auf dieses schwarze Ding in meiner Hand, dann fing ich an zu weinen.

„Den hättest du eigentlich erst zum Schluss finden sollen“, sagte Paps und umarmte mich. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Elli!“

***

Es war so heiß, dass uns schon nach ein paar Metern der Schweiß auf der Stirn stand. Dabei war es nicht einmal sonderlich weit, aber mein Herz raste in meiner Brust, als würde ich einen Marathon-Lauf bestreiten. Endlich erreichten wir unser Ziel. Die grauen Türen sahen absolut nichts sagend aus. Abgesehen von dem Graffiti was irgendein selbst ernannter Straßenkünstler auf unserer Garage gesprüht hatte. Mittlerweile hatte Paps es aufgegeben diese Schriftzüge zu überstreichen, erschienen sie doch nach wenigen Tagen wieder neu, als hätten wir eine unausgesprochene Einladung hinterlassen.

Paps drückte mir seinen Garagenschlüssel in die Hand und ich schloss mit schwitzigen Fingern auf. Ich schwöre, mein Herz setzte mindestens für 2 Sekunden aus, als ich sie erblickte. Sie war einfach so atemberaubend schön. Knallrot, klein und mit einer monströsen grünen Schleife um den Bauch, stand sie da. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich wusste, dass wir beide unvergessliche Zeiten miteinander erleben würden.

„Das ist Susi“, sagte Paps.

„Hallo, Susi“, sagte ich automatisch.

„Na, dann fahr sie mal raus.“

Ich zögerte kurz, dann setzte ich mich in mein erstes, eigenes Auto. Andächtig ließ ich die Hände über das Lenkrad gleiten. Alles war blitzeblank. Es gab kein CD-Radio, dafür konnte ich Kassette hören. Die Ausstattung war schlicht, aber für die super heißen Tage gab es tatsächlich eine Klimaanlage. Unglaublich, oder? Ein tiefes Brummen erklang, dann verließ ich mit Susi die Garage. Es waren unsere ersten gemeinsamen Meter und es sollten noch viele Folgen.

***

Ein paar Wochen später flog mir der heiße Sommerwind um die Ohren. Neben mir erklang ein Lachen. Es kam von meiner besten Freundin. Wir hatten spontan entschieden, aus unserem Urlaub einen Roadtrip zu machen. Zwei Mädels, ein Zelt und ein rotes Auto namens Susi. Zusammen machten wir die Autobahnen und Straßen von Deutschland unsicher.

Das liegt jetzt 11 Jahre zurück. Susi wohnt mittlerweile nicht mehr bei mir. Sie ist nach Bautzen umgezogen, aufs Land. Im hohen Alter war die Stadt einfach nichts mehr für sie. Am liebsten würde ich Susi mal besuchen, aber ich habe keine genaue Adresse. Trotzdem werde ich immer an sie denken. Sie war mein roter Flitzer. Mein erstes Auto. Meine große Liebe.

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Zeilentrenner

Heute habe ich euch meine erste Begegnung mit Susi geschildert. Es ist keine direkte Liebeserklärung an mein erstes Auto, aber in dieser Erinnerung steckt so viel für mich. Es war nicht nur das Auto, es war der ganze Tag, der für immer unvergessen bleiben wird.

Der #WritingFriday ist eine Aktion von Elizzy, readbooksandfallinlove. Schaut vorbei und macht mit. ❤

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6 Gedanken zu “Hallo, Susi! – #WritingFriday

  1. Nach diesem Text habe auch ich Susi in mein Herz geschlossen <3
    Und das Bild von euch zweien – dreien, mit Susi – ist herrlich. Das erste Auto ist etwas absolut besonderes, das prägt sich ein :) Ich finde es übrigens richtig schön, dass du mit deiner kleinen Rennsemmel sogar einen Roadtrip gemacht hast! Ich wünschte, ich hätte das damals auch einfach mal gemacht, als ich mein erstes Auto noch hatte :D
    Liebste Grüße,
    Ida

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    1. Hey Ida,

      ja, das erste Auto ist und bleibt etwas besonderes. Der Roadtrip war wirklich witzig und definitiv eine Erfahrung, auch als junge Fahrerin. Es hat mir die Angst vor der Autobahn, dem Verfahren und dem Erkunden von sehr, sehr engen Wegen genommen. :-D

      Liebste Grüße
      Ella <3

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  2. Hallo Ella,
    Den writing friday kannte ich noch gar nicht.
    Aber jetzt. Und Susi. 😃
    Total süß geschrieben hast du das.
    Ich glaube ich würde dein Autor auch mögen- auch ohne Führerschein.😂

    Alles Liebe Nessi von Nessis Bücher

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    1. Vielen Dank, liebe Nessi! <3
      Den Writing Friday gibt es ja auch noch nicht solange, von daher ist es nicht schlimm, das du ihn noch nicht kennst. ;-)

      Alles Liebe
      Ella <3

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  3. Hi Ella!

    Wie zuckersüß!
    Fun Fact: Das Wort „Müh“ und die Bedeutung habe ich interessanterweise gestern auf der Arbeit zum ersten Mal gehört. Ich musste gerade so lachen, als ich genau dieses Wort hier bei dir gelesen habe.

    Das erste Auto ist schon was Tolles! Ich habe mein erstes Auto sozusagen noch, ich fahre auch noch nicht so lange ;)
    Susi ist auf jeden Fall etwas Besonderes und ich bin mir total sicher, dass ihr halb Deutschland unsicher gemacht habt :*

    Liebste Grüße,
    Wiebi

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    1. Hey Wiebi,

      hihi, na ein Glück, aber ich hätte dich auch aufgeklärt, wenn es hier zu Verständigungsproblemen gekommen wäre. :-D Vielen Dank das du vorbei gelesen hast. :-)

      Liebe Grüße
      Ella <3

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